Twitter und Co. im Kino erlauben?
Im Land der Traumindustrie, Amerika, denken Kinoketten-Besitzer allen Ernstes darüber nach, den Gebrauch von Mobiltelefonen zu erlauben. Soll heißen, man gibt viel Geld aus, um sich einen Film anzuschauen. Wie bereits beschrieben, gibt es mittlerweile gute Gründe nicht ins Kino zu gehen. Aber sagen wir, man sich doch entschlossen und gibt viel Geld aus, um „dieses besondere Feeling“ zu haben — da leuchtet es auf einmal hell neben einem auf. Und vor einem ebenso.
Geht gar nicht!
Die Kettenbetreiber argumentieren, man könne das SMSen oder den Gebrauch von Twitter und Co. zulassen. Man wolle eine jüngere Klientel ins Kino holen. Und die — Achtung — sei es gewohnt, die Kontrolle über ihr eigenes Leben
zu haben. Nimmt man den Kindern heutzutage das Mobiltelefon weg, würden diese sich handicapped
, also behindert fühlen. Das wolle man natürlich nicht — somit: Lichter an im Kinosaal!
Ich bin da ganz auf der Seite von Tim League, dem CEO der Alamo Drafthouse Kinokette. Auf die Ansage, man wolle sich überlegen den Gebrauch von Mobiltelefonen im Kino zuzulassen entgegnete er:
Over my dead body will I introduce texting into the movie theater. I love the idea of playing around with a new concept. But that is the scourge of our industry… It’s our job to understand that this is a sacred space and we have to teach manners.
Guter Mann! Alamo Drafthouse — für die, die es nicht wissen — ist die Kette, die vor einiger Zeit eine Kunden des Kinos verwiesen hat, weil sie das Mobiltelefon während des Films benutzt hatte.
Keine Erziehung genossen
Die Benutzung von Mobiltelefonen ist eine Sucht. Von wegen „Kontrolle über ihr eigenes Leben“ … Eher das genaue Gegenteil. Die jüngere Generation klebt an ihren Telefonen. Sie halten es ständig in der Hand oder haben es zumindest stets griffbereit. Unentwegt wird aufs Display geschaut. Habe ich etwas verpasst? Zwei Stunden mal „ohne“ auskommen? Kaum mehr möglich. Ich spreche übrigens bewusst nicht nur von „die Jugend“, kenne ich doch auch genügend Mittdreißiger, die Sklaven ihres Mobiltelefons sind.
Neben der Abhängigkeit der Mobiltelefonnutzer, kann man es auch so sehen wie Britt Hayes: Die „Kontrolle über das eigene Leben“ könne ganz einfach daher rühren, weil die jungen Leute schlicht und ergreifend von ihren Eltern keine Manieren beigebracht bekommen haben. Deswegen solle man jetzt dahin gehen und denen einfach alles erlauben!? Nein. Das ist übrigens wie mit unserem Schulsystem: Die Eltern kümmern sich nicht um die Kinder, können diese nicht erziehen, also sagen sie „Schule, mach das für uns!“, dabei haben Schulen keinen Erziehungsauftrag, sondern nur einen Lehrauftrag. Das nur mal am Rande …
Also: Wenn man schon tief in die Tasche greift, um doch mal einen Film im Kino zu sehen, dann bitte störungsfrei! Keine kleinen Taschenlampen hier und da in den Reihen. Das ist extrem unhöflich, weil es stört. Nebenbei erwähnt, hat man als Filminteressierter auch das Gefühl, die Mobiltelefonnutzer würden den gezeigten Film nicht gut finden. Scheinen wohl kein Interesse an dem Streifen zu haben. Ja, dann geht doch raus! Bleibt zuhause. Da stört Ihr niemanden.
Bleibt einfach zuhause. Da könnt Ihr ständig auf Eurer Telefon schauen, twittern, Fratzenbuch benutzen, SMS schreiben, Euch unterhalten, Chips essen, dumme Sprüche ablassen. Das alles könnt Ihr machen. In Euren eigenen vier Wänden!
Eine „Kinokrise“ kann man nicht dadurch abwenden, indem man alle Regeln eines guten Miteinanders über Bord wirft. Zudem vergrault man damit nur noch die letzten „echten“ Kinogänger. Und das sind meistens die, die bereits älter sind und noch etwas Geld im Portemonnaie haben …
Fünf Gründe nicht ins Kino zu gehen
Okay, das könnte man als Content-Klau bezeichnen, aber ich wollte meine „Two Cents“ zu dieser Klick-Galerie geben. Abgesehen davon muss man bei den Moviejunkies nicht klicken. 😉
- Besser Ausstattung zuhause
- Als ersten Punkt führen sie auf, dass viele wohl heutzutage in ihren eigenen vier Wänden ein besseres Equipment haben, als man es im Kino vorfindet. Dabei geht es sehr schön gegen 3D. Immer mehr Leute wehren sich gegen die Vergewaltigung der Filmstudios, man müsse Filme in 3D sehen, nur weil sie damit mehr Geld machen. Als „Killer-Argument“ für 3D wurde angeführt, dass das etwas sei, was man im Heimkino nicht bekommt. Blöd, wenn Filme in 2D weitaus besser wirken als ihre viel zu teure 3D-Variante im Kino.
- Zeitspanne zwischen Kino und DVD-Veröffentlichung
- Dieser Punkt hinkt etwas. Zwar liegt bei uns auch eine immer kürzere Zeitspanne zwischen Kino-Termin und DVD-Release, aber das Argument von Moviefone geht mehr auf das „On-Demand“-Angebot ein. Ich glaube, das steckt hierzulande noch in Kinderschuhen. Wenn überhaupt. Dennoch bleibt: Warum viel Geld im Kino ausgeben, wenn man auch drei Monate warten kann? Dann kann man sich den Film in aller Ruhe, ohne nervige Spacken hinter einem, ohne ekligen Nacho-Geruch, ohne die obligatorische halbe Stunde Werbung vor dem Film ansehen. Und man kann den Film so oft sehen, wie man will. Theoretisch wird der Preis des Films dadurch auch noch mit jedem Ansehen geringer.
- Fernsehen
- Na schön, der Punkt zieht bei uns überhaupt nicht. Kein Stück. Sie schreiben, dass man nicht mehr ins Kino gehen muss, weil das TV-Angebot immer besser wird. Das gilt nun weiß Gott nicht für den deutschen Markt! Hier kommt immer mehr Schund ins Wohnzimmer, während in den Staaten wohl mit Sendungen auf Privatsendern wie HBO, AMC und FX hochklassige Dramen und Filme auf den heimischen Fernseher gespült werden. Das ist in Deutschland ganz klar nicht der Fall.
- Ökonomie
- Das Argument hingegen fasst wieder. Gehen wir an einem Sonntag ins Kino, kostet der Spaß 8,20 €. Ist der Film in 3D kommen 3 € hinzu. Habe ich Dussel meine 3D-Brille vergessen, kommt — je nach Kino — noch einmal 1 € dazu. Macht also 12,20 €! Viel zu teuer! Wie schon beim letzten sonntäglichen Kinogang gefragt: Warum ist das auf einem Sonntag, wo weniger Menschen ins Kino gehen, so schweine-teuer? Das kann sich nicht jeder leisten. Nicht derzeit, wo die Märkte alle fröhlich zusammenbrechen, die Leute arbeitslos sind. Da rentiert sich wirklich eher der Kauf der DVD …
- Schlechte Filme
- Hier bin ich wieder voll dabei. Die Filmstudios sind immer vorsichtiger. Nur keine frischen Ideen ins Kino bringen. Lieber auf alte Pferde setzen:
Wir wissen, dass Film X gut lief, also machen wir dazu eine Fortsetzung. Oder ein Prequel, geht auch. Hauptsache ein Film, der an etwas anknüpft, dass die Leute schon kennen. Bloß nicht mutig sein. Schließlich haben wir mit der Schiene a.) schon gut Geld gemacht und b.) das Publikum zu dummen Wiederkäuern erzogen. Die können gar nicht mehr neue Ideen aufnehmen.
Unterm Strich durchaus gute Gründe, den Kinosaal zu meiden. Die Schuld ist bei der Filmindustrie selber zu suchen.
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